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07.03.2016 Koordinierung der Berliner Register

2015: Pressekonferenz der Berliner Register vom 7. März 2016


Im Jahr 2015 dokumentierten ReachOut, die Beratungsstelle für Opfer rassistischer und rechter Gewalt und die Register in den Bezirken Angriffe und Vorfälle, die einen rassistischen, antisemitischen, homophoben oder diskriminierenden Hintergrund hatten. Unter Vorfällen, die in den Registern dokumentiert werden, sind neben Gewalttaten auch Propagandaaktivitäten, wie Aufkleber, Plakate oder Sprühereien, Veranstaltungen und Beleidigungen gefasst, die einmal jährlich qualitativ ausgewertet werden. Im Gegensatz zu den Statistiken der Ermittlungsbehörden, werden auch Vorfälle aufgenommen, die nicht angezeigt werden. Dadurch werden in den einzelnen Bezirken Aktionsschwerpunkte von Neonazis und alltägliche Formen von Diskriminierung sichtbar, die in den behördlichen Statistiken nicht unbedingt widergespiegelt werden. Insgesamt erfasst ReachOut 320 Angriffe für das Jahr 2015 (2014: 179). Dabei werden mindestens 412 (2014: 266) Menschen verletzt, gejagt und massiv bedroht. Darunter sind 42 Kinder. Rassismus steigt an und ist mit 175 Taten das häufigste Motiv (2014: 100). Politische Gegner_innen werden 59 Mal (2014: 31) attackiert. Die antisemitisch motivierten Taten steigen von 18 auf 25 Angriffe an. Der größte Teil der Angriffe findet in aller Öffentlichkeit statt: 120 Angriffe (2014: 107) werden auf Straßen und Plätzen verübt. An Haltestellen, Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln geschehen 65 Gewalttaten und Bedrohungen (2014: 37). Zum Beginn des Jahres 2016 ist es gelungen in allen Berliner Bezirken Registerstellen einzuführen.

In die Auswertung für das Jahr 2015 gehen Daten aus 11 Bezirken ein, lediglich Steglitz-Zehlendorf fehlt, da das Register erst zu 2016 realisiert wurde. Zwei zusätzliche Projekte, die Antisemtismus und Antiziganismus genauer betrachten, arbeiten eng mit den Registern zusammen.Für 2015 konnten insgesamt 1820 Vorfälle (2014: 1128) mit rassistischen, extrem rechten, antisemtischen, lbgtiq-feindlichen und anderen diskriminierenden Hintergründen dokumentiert werden. In allen Bereichen sind erhebliche Anstiege zu verzeichnen. Hintergrund ist die bessere Vernetzung der Berliner Register, aber auch die real gestiegene Anzahl von Vorfällen. Unter den Vorfällen waren 683 Propagandavorfälle (2014: 507), 320 Angriffe (2014: 179), 250 Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen (2014: 183) und 409 Veranstaltungen (2014: 174) bei denen sich rassitisch, antisemitisch oder extrem rechts geäußert wurde. Lediglich bei der der NS-Verharmlosung waren die Zahlen rückläufig. In vielen Bereichen gab es eine Verdopplung. 946 Vorfälle waren rassistisch motiviert (2014: 472), 328 galten der Selbstdarstellung rechter Parteien und Gruppierungen (2014: 258), 113 verharmlosten den Nationalsozialismus (2014: 130). 217 Fälle richteten sich gegen politische Gegner_innen (2014: 106) 138 Fälle waren antisemtisch motiviert. Bezüglich rassistischer Mobilisierungen, gibt es ein Ost-West-Gefälle. Während die Bezirke Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg-Hohenschönhausen und Treptow-Köpenick massiv davon betroffen waren, sind es in Tiergarten die montäglichen Bärgida-Demonstrationen, die den Anstieg ausmachen. Charlottenburg-Wilmersdorf kann zwar ebenso viele Veranstaltungen ausweisen, wie die Ostberliner Bezirke, dort sind sie aber auf neurechte und reichsideologisch-esoterische Vortragsreihen zurückzuführen. Mobilisierungen gegen Geflüchtete, deren Unterkünfte und Unterstützer_innen sind in allen Bezirken zu beobachten. Am gravierendsten ist jedoch die Lage in Marzahn-Hellersdorf, wo die Zahl an Angriffen und Bedrohungen wesentlich höher ist als in anderen Ostberliner Randbezirken. Auch der Bezirk Mitte, bestehend aus Tiergarten, Mitte und Wedding gibt Anlass zur Sorge, da die Vorfälle auf die antimuslimischen und rassistischen Bärgida-Demonstrationen und eine Vielzahl von Angriffen und Bedrohungen zurückzuführen ist.

Die starke Zunahme an Meldungen aus dem Bereich Antisemitimus ist auf die Bekanntmachung der neuen Meldemöglichkeiten unter www.report-antisemitism.de zurückzuführen. Der Anstieg zeigt lediglich, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde, um mehr über das Ausmaß von Antisemitismus im Alltag in der Stadt zu erfahren. Auch wenn die Zahl von 401 Vorkommnissen erschreckend hoch ist, kann von einer noch großen Dunkelziffer, nicht bekannt gewordener Fälle ausgegangen werden.

Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf gab es 182 rechte und diskriminierende Vorfälle, davon 22 Angriffe. Besonders auffällig war der Anstieg rassistischer Vorfälle auf 59 Vorfälle, eine Verdreifachung im Vergleich zu 2014. Im Ortsteil Charlottenburg fanden allein 105 Vorfälle statt. Bei den Vorfallsarten dominierten Veranstaltungen und Propaganda.

Im letzten Jahr wurden der Registerstelle in Friedrichshain-Kreuzberg insgesamt 89 Vorfälle bekannt, 60 % geschahen in Kreuzberg. Das ist die höchste Zahl seit 2010. Im Vergleich zu den zwei Jahren davor, stieg die Zahl der Vorfälle um 8 (2013:81) bzw. 9 (2014:80). Die Zahl der Angriffe liegt konstant bei 25. Darüber hinaus kam es zu 24 Beleidigungen. Die meisten Vorfälle geschahen aus einer rassistischen (30 %) oder antisemitischen (22 %) Motivation der Täter*innen heraus.

Für das Jahr 2015 wurden in Lichtenberg 234 Vorfälle gezählt. Damit haben sich die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr (2014: 105) mehr als verdoppelt. Der enorme Anstieg ist vor allem auf die Mobilisierungen gegen Flüchtlinge und ihre Unterbringungen zurückzuführen. Rassismus war mit 155 der Vorfälle das vorherrschende Motiv in diesem Jahr. Vor allem bei den Kategorien Veranstaltungen (2015: 49, 2014:13), bei Propaganda (2015: 127, 2014: 65) und Bedrohungen (2015: 13, 2014: 2) gab es starke Anstiege. Die Zahl der Angriffe (2015: 23, 2014: 11) ist weiterhin konstant hoch. Jeden Monat geschehen somit durchschnittlich fast zwei Angriffe.

Die Zahl der Vorfälle in Marzahn-Hellersdorf hat sich 2015 mehr als verdreifacht (2015: 298; 2014:85). Geprägt wurde 2015 durch eine hohe Anzahl von rechtsextremen Aufmärschen gegen die Gemeinschaftsunterkunft am Blumberger Damm, die häufig von Gewalt begleitet waren. Die Errichtung von Notunterkünften in der zweiten Jahreshälfte führte zu einer geografischen Diffusion rechtsextremistischer Aktivitäten gegen Flüchtlinge. Einen Schwerpunkt bildete jedoch Marzahn-Mitte. Auch politische Gegner_innen waren häufiges Ziel von Angriffen. Das Register in Mitte hat 190 Vorfälle (2014: 79) dokumentiert.

Auffällig ist die hohe Zahl an Angriffen (60) für Mitte, Wedding und Tiergarten, von denen ungefähr die Hälfte rassistisch motiviert war und im öffentlichen Raum stattfand. Auffallend im Vergleich zu anderenBezirken Berlins sind Bägida-Demonstrationen, die antimuslimisch geprägt waren. Im Jahr 2015 wurden für Neukölln 133 Vorfälle dokumentiert. Somit hält die Zahl der Meldungen das Niveau des Vorjahres (2014: 126). Bezogen auf Motiv, Stadtteil und Art gibt es jedoch Verschiebungen: Über die Hälfte der Vorfälle sind rassistisch, antisemitisch, antiziganistisch und antimuslimisch motiviert (2015: 79, 2014: 39).

Erstmalig wurden die meisten Fälle in Nordneukölln registriert (52). In die Dokumentation sind hauptsächlich Propagandadelikte eingegangen (64). Es besteht ein massiver Anstieg in der Kategorie Bedrohung (2015: 22, 2014: 10) und die Zahl der Angriffe (2015: 19, 2014: 16) bleibt unverändert hoch.

Für das Jahr 2015 wurden in Pankow 242 Vorfälle gezählt. Gegenüber dem Vorjahr sind dies weit über 70 Meldungen mehr (2014: 167). Gegenüber 2013 (154) ist die Steigerung noch drastischer. Der Anstieg in den letzten Jahren liegt an verstärkten Aktivitäten von NPD und Autonomen Nationalisten im Pankower Norden seit Sommer 2012, aber auch an einer zugespitzten, teilweise rassistischen Stimmung seit Ende 2014 durch die Eröffnung neuer Geflüchtetenunterkünfte in Pankow, Berlin und Deutschland. Es zeigt sich, dass rechtsextreme Einstellungen, wie z.B. Rassismus, auch in Pankow offener artikuliert wurden und zu Bedrohungen oder Angriffen führten.

Das Register Reinickendorf hat seine Arbeit im Juli 2015 aufgenommen. Es wurden bis zum Jahresende 29 Vorfälle erfasst. Die Mehrzahl (19 Vorfälle) sind rassistisch motiviert, bei 13 von ihnen richteten sich gegen Flüchtlinge. Da das Register sich erst etablieren muss, ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Vergleiche zum Vorjahr und zu anderen Bezirken sind daher nur bedingt aussagekräftig. Eine Ausnahme bilden die Zahlen zu Angriffen, die auch für die Vorjahre von ReachOut erfasst wurden: Hier deutet der Anstieg (2014: 4, 2015: 9) auf eine Zunahme rassistischer und extrem rechter Vorfälle auch für Reinickendorf hin.

Das Register in Spandau dokumentierte 39 Vorfälle (2014: 18) dokumentiert, bei denen es sich in 15 Fällen um rassistische und antimuslimiche Beleidigungen handelt. 28 der Vorfälle wurden in der Altstadt Spandau aufgenommen.

Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg gab es in 2015 insgesamt 82 Vorfälle im Vergleich zu 35 Vorfällen in 2014. Dabei handelte es sich zum überwiegenden Teil um rassistische und antisemitische Propaganda mit einer Häufung am U-Bahnhof Alt Mariendorf und in der unmittelbaren Nähe der Gemeinschafts- und Notunterkünfte im Bezirk.

Im Jahr 2015 wurden für Treptow-Köpenick 305 Vorfälle dokumentiert (2014:231) seit Bestehen des Registers die bisher höchste Anzahl in einem Jahr. Der Schwerpunkt der Meldungen im letzten Jahr lag bei rassistischen Vorfällen (156), der höchste Anstieg nach Art der Vorfälle waren Kundgebungen und Demonstrationen (61), fast ausschließlich mit rassistischem Motiv. Den traurigen Höhepunkt stellen 22 Angriffe dar, wovon die Hälfte mit Hilfsmitteln stattfand (Böller, Luftdruckgewehr, Flaschen, Hunde), drei davon mit Messern.

Für Nachfragen und weitere Informationen können Sie sich direkt an die Projekte wenden.

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