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10.03.2015 Koordinierung der Berliner Register

2014: Pressekonferenz der Berliner Register vom 10. März 2015


Im Jahr 2014 dokumentierten ReachOut, die Beratungsstelle für Opfer rassistischer und rechter Gewalt und die Register in den Bezirken Angriffe und Vorfälle, die einen rassistischen, antisemitischen, homophoben oder diskriminierenden Hintergrund hatten. Unter Vorfällen, die in den Registern dokumentiert werden, sind neben Gewalttaten auch Propagandaaktivitäten, wie Aufkleber, Plakate oder Sprühereien, Veranstaltungen und Beleidigungen gefasst, die einmal jährlich qualitativ ausgewertet werden. Im Gegensatz zu den Statistiken der Ermittlungsbehörden, werden auch Vorfälle aufgenommen, die nicht angezeigt werden. Dadurch werden in den einzelnen Bezirken Aktionsschwerpunkte von Neonazis und alltägliche Formen von Diskriminierung sichtbar, die in den behördlichen Statistiken nicht unbedingt widergespiegelt werden.

Insgesamt erfasste ReachOut 179 Angriffe für das Jahr 2014 (2013: 185). Dabei wurden 266 (2013: 288) Menschen verletzt, gejagt und massiv bedroht. Rassismus steigt, trotz des leichten Rückgangs der Gesamtzahlen an und ist das häufigste Tatmotiv (2014: 100, 2013: 87). Häufiger attackiert wurden politische Gegner_innen (2014: 31, 2013: 27). Die antisemitisch motivierten Taten stiegen von 8 im Jahr 2013 auf 18 Fälle. Im Stadtteil Mitte fanden 24 (2013: 8) und somit berlinweit die meisten Angriffe statt. Hier sind 12 der Gewalttaten rassistisch motiviert.

Mit der Einrichtung von neuen Registerstellen in den Bezirken Spandau, Tempelhof-Schöneberg und Mitte im Jahr 2014 können nun in 10 von 12 Berliner Bezirken Vorfälle gemeldet werden. Zwei zusätzliche Projekte, die Antisemtismus und Antiziganismus genauer betrachten, arbeiten eng mit den Registern zusammen, sodass für 2014 insgesamt ca. 1100 Vorfälle mit rassistischen, rechtsextremen, antisemtischen, lbgtiq-feindlichen und anderen diskriminierenden Hintergründen dokumentiert werden konnten. Darunter waren ca. 500 Propagandavorfälle, knapp 350 Angriffe, Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen und über 170 Veranstaltungen (Kundgebungen, Demonstrationen und Infotische). Fast die Hälfte aller Vorfälle war rassistisch motiviert, ca. 260 galten der Selbstdarstellung rechter Parteien und Gruppierungen, 130 verharmlosten den Nationalsozialismus und jeweils ca. 100 Fälle waren antisemtisch motiviert oder richteten sich gegen politische Gegner_innen. Besonders viele Vorfälle wurden in den Ortsteilen dokumentiert, die als regionale Zentren bezeichnet werden, wie Mitte, Spandau und Charlottenburg.

Auffällig war der Anstieg an rassistischen Vorfällen in den Ortsteilen in denen Unterkünfte für geflüchtete Menschen eröffnet wurden. In diesem Zusammenhang fanden in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Pankow diverse Veranstaltungen sogenannter Heimgegner_innen und der NPD statt, die rassistisch motiviert waren und in deren Umfeld es zu Angriffen auf Bewohner_innen der Unterkünfte und auf Gegendemonstrant_innen gekommen ist. Es ist deutlich erkennbar, dass die organisierte rechte Szene ihre Ressourcen in die öffentliche Kritik an diesen Unterkünften investiert hat. Vorfälle, die in den vergangenen Jahren eindeutig der rechten Szene zuzuordnen waren (Propaganda, rechte Selbstdarstellung oder Verharmlosung des Nationalsozialismus), sind zurückgegangen, stattdessen ist ein erheblicher Anstieg rassistischer Vorfälle zu verzeichnen.

Für das Themenfeld Antisemtismus wurde 2014 eine detaillierte Dokumentation erstellt (100 Vorfälle), die einen Anstieg antisemitischer Vorfälle deutlich macht. Im Zusammenhang mit dem Konflikt in Gaza fanden in der Berliner Innenstadt diverse Demonstrationen und Kundgebungen statt, bei denen Reden, Transparente und Sprechchöre antisemitische Inhalte hatten.

In Charlottenburg-Wilmersdorf wurden 105 rechte und diskriminierende Vorfälle im Jahr 2014 ausgewertet. Bedeutend waren der neurechte und reichsideologisch-esoterische Vortragsreihen. Antisemitische Vorfälle nahmen zu. Seit Jahren steigen die Angriffe in Charlottenburg-Wilmersdorf (2014: 15 Angriffe).

2014 gab es in Friedrichshain-Kreuzberg eine deutliche Zunahme von Pöbeleien, Beleidigungen und Bedrohungen. Auch rassistische Vorfälle haben stark zugenommen. Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit den aktuellen Debatten um Asyl und die Aufnahme von Geflüchteten.

Insgesamt 105 Vorfälle wurden im Jahr 2014 in Lichtenberg gezählt. Das ist ein Rückgang um etwa 10 Prozent (2013: 115). In fast allen Bereichen ist ein Rückgang zu verzeichnen. Vor allem bei den Angriffen (2014: 11, 2013: 19) und Bedrohungen (2014: 2, 2013: 4) ist der Rückgang erfreulich. Lediglich die Propaganda-Vorkommnisse sind auf 65 gestiegen (2013: 49). Lichtenberg-Mitte ist weiterhin Schwerpunkt neonazistischer Aktivitäten, dicht gefolgt jedoch von Hohenschönhausen Nord, dem aktuellen Zentrum der bezirklichen Anti-Flüchtlingsproteste. Der Rückgang der Aktivitäten ist unter anderem auf die Schließung des zentralen Treffpunkts der neonazistischen Szene in der Lückstraße im Juni 2014 zurückzuführen. Lediglich das Zuwanderungsthema wurde von der NPD und „Pro Deutschland“ für Kundgebungen und Flugblattaktionen genutzt. Die rassistischen Proteste erreichten jedoch bei weitem nicht das Ausmaß anderer Bezirke.

Das Register in Mitte hat im August 2014 seine Arbeit aufgenommen. Seitdem wurden insgesamt 78 Vorfälle dokumentiert. Auffällig ist die hohe Zahl an Angriffen (40) für Mitte, Wedding und Tiergarten, von denen ungefähr die Hälfte rassistisch motiviert war und im öffentlichen Raum stattfand. Auffallend im Vergleich zu anderen Stadtbezirken Berlins sind Kundgebungen und Demonstrationen, bei denen es zu antisemtischen Äußerungen kam.

Die Registerstelle Neukölln wurde im Juni 2014 ein Jahr alt. Im Jahr 2014 registrierte die Registerstelle insgesamt 125 Vorfälle (2013:53). Der Anstieg der Vorfälle ist zum einen auf die Anwerbung von neuen Anlaufstellen zurückzuführen, zum anderen aber auch auf tatsächlich stattfindende neonazistische Aktivitäten insbesondere in Berlin-Rudow. Es fanden zudem rassistische Proteste gegen die Errichtung von Unterbringungen in Berlin-Neukölln statt.

Die [moskito] Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Vielfalt registrierte im Jahr 2014 für Pankow insgesamt 167 Vorfälle. Gegenüber dem Vorjahr sind das elf Meldungen mehr (2013: 154), gegenüber dem Jahr 2012 (95) stellt der Sachverhalt eine starke Steigerung dar. Bedingt ist diese Entwicklung weiterhin durch die neonazistischen Aktivitäten in Berlin-Buch und die Verknüpfung von Autonomen Nationalisten und der NPD Pankow KV8 sowie durch die rassistischen Proteste gegen die Errichtung einer Containerunterbringung im Ortsteil Berlin-Buch.

Im April 2014 hat das Register in Spandau seine Arbeit aufgenommen. Bisher wurden 18 Vorfälle dokumentiert, bei denen es sich in den meisten Fällen um rassistische Beleidigungen handelt. Aus dem Ortsteil Spandau (Spandauer Altstadt und Umgebung) wurden bisher die meisten Vorfälle gemeldet.

In Tempelhof-Schöneberg hat das Register im August 2014 die Arbeit aufgenommen. Seitdem ist es das Hauptanliegen, die Arbeit des Registers vorzustellen und sich im Bezirk zu vernetzen.
Seit Beginn der Erfassung wurden 35 diskriminierende motivierte Vorfälle für das Jahr 2014 verzeichnet. Dabei lassen sich bereits erste Tendenzen ausmachen: Das häufigste Tatmotiv in Tempelhof-Schöneberg ist Rassismus (19 Vorfälle), gefolgt von lgbtiq-feindlichen (5 Vorfälle) und antisemitischen (5 Vorfälle) Motiven.

In Treptow-Köpenick wurden 231 Vorfälle dokumentiert, die höchste Zahl seit bestehen des Registers im Bezirk. Treptow-Köpenick hat im Vergleich zu anderen Regionen eine deutlich sichtbare und aktive rechte Szene, die den Großteil der gesammelten Vorfälle verursacht bzw. zumindest initiiert bzw. organisatorisch unterstützt. Dabei fand eine Verlagerung statt, weg von Schöneweide hin zu Adlershof und Salvador-Allende Viertel. In beiden Ortsteilen liegt die Erhöhung der Zahlen an den rassistischen Protesten, die im Zusammenhang mit neuen Unterkünften für Geflüchtete entstanden sind.

Für Nachfragen und weitere Informationen können Sie sich direkt an die Projekte wenden oder an Kati Becker.

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