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30.01.2023 Register Treptow-Köpenick

III. Weg und NRJ in Treptow-Köpenick


Graffiti: FIGHT FASCISM!

Kurzer Blick auf die neonazistische Kleinstpartei III. Weg

Die Kleinstpartei „Der III. Weg“ wurde 2013 gegründet und dient seither als Ersatzstruktur für verbotene rechtsextreme Organisationen und als Auffangbecken für langjährig aktive, mitunter vorbestrafte Neonazis. „Der III. Weg“ versteht sich als elitäre Gemeinschaft und grenzt sich bewusst von anderen rechtsextremen Parteien ab. Statt traditioneller Parteipolitik steht der aktivistische „Kampf um die Straße“ im Mittelpunkt. Nur vereinzelt tritt „Der III. Weg“ zu Wahlen an, etwa zur Bundestagswahl am 26. September 2021. Wahlkämpfe werden genutzt, um mit Plakaten gezielt zu provozieren.

„Der III. Weg“ will die bestehende Wirtschafts- und Staatsordnung durch einen „Deutschen Sozialismus“ als angeblich „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus ersetzen. Die Parteiideologie steht in nationalsozialistischer Tradition. Sie kann als völkisch-nationalistisch, rassistisch, antisemitisch, antifeministisch, behinderten- sowie homo- und transfeindlich charakterisiert werden.

Aufmerksamkeit versucht die Partei durch provokante Propaganda-Aktionen mit rassistischen, antisemitischen, geschichtsrevisionistischen und gewaltverherrlichenden Inhalten zu gewinnen, vor allem durch Aufmärsche im nationalsozialistischen Stil mit Trommeln und uniformähnlicher Bekleidung.

Mitglieder der Partei „Der III. Weg“ betätigen sich auch im Rahmen sogenannter „Anti-Antifa-Arbeit“. Diese rechtsextreme Praxis beschreibt das gezielte Ausspähen und Sammeln von Informationen über politische Gegner*innen, wie zum Beispiel deren Adressen, PKW oder Arbeitsplätze. Diese Daten über Antifaschist*innen, Journalist*innen, Politiker*innen oder engagierte Demokrat*innen werden regelmäßig in sogenannten „Feindeslisten“ gesammelt, mit dem Ziel Betroffene einzuschüchtern oder anderweitig gegen sie vorzugehen.

Wahlkampfaktivitäten der Partei, wie beispielsweise Flugblattverteilungen in Briefkästen, müssen auch in diesem Kontext betrachtet werden. Es ist davon auszugehen, dass dabei gezielt Adressdaten politische Gegner*innen ausgespäht oder auf ihre Aktualität hin überprüft werden. Dies stellt nicht nur eine abstrakte, sondern in vielen Fällen auch eine konkrete Bedrohung für Engagierte dar.

Die Entstehung der NRJ in Berlin

Die NRJ (Nationalrevolutionäre Jugend) entwickelte sich aus der „AG Jugend“ des III. Wegs. Mittlerweile gibt es nach Aussage des Bundestages Ableger in Berlin/ Brandenburg, dem Vogtland und „Mitteldeutschland“ (gemeint sind hier in Anlehnung an die Grenzen des Deutschen Reiches die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt). (Drucksache 20/1940 – Bundestag)

In Berlin/ Brandenburg entwickelte sich die NRJ vermutlich aus den Aktivitäten der Division MOL. Bei der Division MOL handelt es sich um eine Gruppe junger Menschen aus dem Landkreis Märkisch-Oderland, die seit Januar 2020 durch Gewalttaten und neonazistische Propaganda aufgefallen sind. Diese Jugendlichen, die mehrheitlich aus extrem rechten Elternhäusern kommen, hatten sowohl Kontakt als auch personelle Überschneidungen zum III. Weg als auch zur JN (Junge Nationalisten – Jugendorganisation der NPD). (Belltower News: Kaderschmiede für die nächste Generation Neonazis, Drucksache 20/1940 – Bundestag)

Im März 2022 zeigten Aktivisten der Division MOL erstmals ein Transparent der NRJ auf einer verschwörungsideologischen Demonstration in Mitte (Vorfall in der Chronik des Register Mitte). Es handelte sich hierbei vor allem um eine Fotoaktion, denn das Banner wurde nach einer gelungenen Inszenierung wieder eingepackt. Dazu passend startete die Mutterpartei III. Weg einen Tag zuvor die Bewerbung der NRJ.

Auch die JN ist spätestens bis zum Sommer 2022 mehrheitlich in die NRJ übergetreten. Bereits zuvor konnten führende Kader der JN bei Demonstrationen des III. Weg beobachtet werden. Der Übertritt lässt sich damit sowohl an den führenden Köpfen der JN als auch an deren Social-Media-Auftritt erkennen. So bewerben Accounts wie der „Aktionsblog“ und die „Jugendoffensive“, die bis dahin der JN zuzurechnen waren, nun aktiv den III. Weg und seine Jugendorganisation.

Aktivitäten in Marzahn-Hellersdorf

Im Nachbarbezirk Marzahn-Hellersdorf liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten des III. Wegs und der NRJ. Bereits Ende 2021 berichtete des Register Marzahn-Hellersdorf von einer erheblich gestiegenen Aktivität des III. Wegs im Bezirk (Register Marzahn-Hellersdorf: Aktivitäten der Kleinstpartei „III. Weg“ in Marzahn-Hellersdorf 2021). Hier zeigten sich schon erste Entwicklungen hin zur Gründung der NRJ im Frühjahr 2022.

Im Dezember 2022 berichtete dann das Register Marzahn-Hellersdorf auf einer Infoveranstaltung über die weiter stark gestiegenen Aktivitäten des III. Wegs und der NRJ im Bezirk. Danach kam es zu regelmäßigen Aktionen wie Plakate-Kleben und Flyer-Verteilen, aber auch mehrfach zu großflächigen Graffitis im Bezirk, zusätzlich bedrohten Aktivisten wiederholt politische Gegner*innen (Register Marzahn-Hellersdorf: Der "III. Weg" in Marzahn-Hellersdorf - Aktivitäten der Neonazipartei und Gegenstrategien).

Aktuelle Entwicklung in Treptow-Köpenick

Wie in Marzahn-Hellersdorf nahmen auch in Treptow-Köpenick die Aktivitäten des III. Weg im Jahr 2021 stark zu. Sie verdoppelten sich von 23 Vorfällen in 2020 auf 50 Vorfälle in 2021. Es kam mehrfach zu Flugblatt-Aktionen in Privathäusern, die teilweise auf einen Abgleich mit älteren Adressen auf sogenannten Feindeslisten hinwiesen, und einer gezielten Aktion gegen eine antirassistische Demonstration (Vorfall in der Chronik des Register Treptow-Köpenick). Zusätzlich führte die Partei mehrere Infostände (2021: 4) im Bezirk durch bei denen es auch zur Bedrohung von politischen Gegner*innen kam und nach denen die Propaganda-Vorfälle in den jeweiligen Ortsteilen massiv zunahmen.

Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Vorfälle mit Bezug zum III. Weg weiter auf 61. Im März führten sie den letzten Infostand im Bezirk durch. Danach lief ihre Dauergenehmigung aus.

Ortsteile

Die Aktivitäten des III. Weg verlagerten sich 2022 in die nördlichen Ortsteile Köpenick Nord (23) und in die Köpenicker Dammvorstadt (15). Diese Ortsteile liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Marzahn-Hellersdorf. In den meisten Fällen handelte es sich um Aufkleber. Im Wohngebiet in Köpenick Nord kam es allerdings auch zu zwei Flugblattaktionen bei denen großflächig private Briefkästen bestückt wurden. Wie auch das Register Marzahn-Hellersdorf in seiner Einschätzung 2021 bereits vermutete, kann davon ausgegangen werden, dass insbesondere in Köpenick Nord Aktivisten des III. Weg/ NRJ in ihrem Wohnumfeld aktiv werden.

Wuhlheide und NRJ

Bereits im Oktober und November 2022 wurden vier Vorfälle mit Bezug zum III. Weg um den S-Bhf. Wuhlheide dokumentiert. Hier wurden nicht nur Aufkleber der Partei verklebt, sondern auch sogenannte Tags (eine Form von Graffiti bei der mit einem dicken Stift eine Art Signatur erstellt wird) hinterlassen, die auf eine Aktivität der NRJ hinwiesen. So wurde u.a. der Schriftzug „Deutsche Jugend“ entdeckt, aber auch „III. Weg“ und „Nazi Power“. (Bsp.-Vorfall in der Chronik des Register Treptow-Köpenick).
Der S-Bhf. Wuhlheide ist kein üblicher Ort für extrem rechte Propaganda. Nur sehr selten gab es in den letzten Jahren Meldungen. Dies liegt sicherlich auch daran, dass hier nur selten viele Menschen zu größeren Events unterwegs sind und der Bahnhof durch seine Abgeschiedenheit nur wenig als Umsteigemöglichkeit genutzt wird. Schon damals deutete vieles darauf hin, dass sich hier ähnlich zu Marzahn-Hellersdorf NRJ-AktivistInnen getroffen haben um gemeinsamen Aktivitäten nachzugehen.

Rückseite der Bushaltestelle am S-Bhf. Wuhlheide. An den Scheiben befinden sich in roter Farbe die Schriftzüge: "III. Weg", "deutsche Jugend" und Antifa boxen".

Bild vom 18.10.2022, Bushaltestelle S-Bhf. Wuhlheide

Schild auf dem Gleis des S-Bhf. Wuhlheide auf dem sich in gelber Farbe der Schriftzug "NAZI POWER" befindet.

Bild vom 23.10.2022, Gleis des S-Bhf. Wuhlheide

Nun wurden seit dem 8. Januar 2023 mehrfach Aufkleber der NRJ am S-Bhf. Köpenick und der anliegenden Tramhaltestelle in der Bahnhofstr. entdeckt (Bsp.-Vorfall in der Chronik des Register Treptow-Köpenick) Auch hier zeigt sich die Verbindung nach Hellersdorf, denn von dieser Haltestelle fährt die Tram 62 zum S-Bhf. Mahlsdorf. Bereits im November 2022 wurden an einer Fensterfront eines leerstehenden Ladengeschäftes hinter der Tramhaltestelle Unmengen an Aufklebern des III. Weg, aber auch Tags entdeckt. (Bsp.-Vorfall in der Chronik des Register Treptow-Köpenick).

Fensterscheibe eines leeren Ladengeschäfts mit dem Schriftzug "III. Weg".

Bild vom 25.11.2022 in der Bahnhofstr.

Am 16. Januar 2023 wurden dann an der Bahnstrecke zwischen S-Bhf. Wuhlheide und Karlshorst zwei Betonelemente mit dem Logo des III. Weg entdeckt. Eine anschließende Recherche zeigte, dass auch weitere Objekte besprüht wurden, u.a. mit dem Spruch „Deutsche Jugend voran“ und dem Kürzel „NRJ“, sowie dem Logo des III. Weg (Vorfall in der Chronik des Register Treptow-Köpenick). Damit bestätigen sich die Annahmen aus dem Oktober/ November 2022, dass die NRJ neben Hellersdorf weitere Orte für ihre Aktivitäten sucht und in Treptow-Köpenick gefunden hat. Die Wuhlheide bietet mit ihren vielen Freiflächen, Wäldern und der Bahnstrecke einen idealen Ort, um ungestört Sport zu treiben oder das Sprühen von Graffitis zu üben.

Bildvergleich Vorher - Nachher. Vorher: eine Wand mit dem Schriftzug "Deutsche Jugend Voran" und zwei Logos des III. Weg. Nachher: eine Wand mit dem Schriftzug "Fight Fascism!"

Quelle: Instagram writers.against.racism

Bildvergleich Vorher - Nachher. Vorher: eine Wand mit dem Schriftzug "Fürs vaterland. Fürs Volk. Für die Heimat." und drei Logos des III. Weg. Nachher: eine Wand mit dem Schriftzug "Fight Nazis"

Quelle: Instagram writers.against.racism

Ausblick

Die NRJ und der III. Weg haben ihre Strukturen und Aktivitäten in den letzten Jahren massiv ausgebaut. Ihr Schwerpunkt liegt in Marzahn-Hellersdorf, aber auch andere Ostberliner Bezirke wie Lichtenberg, Pankow und Treptow-Köpenick sind betroffen. In diesen Bezirken muss davon ausgegangen werden, dass mehrere AktivistInnen hier wohnen. Aber auch berlinweit nehmen die Aktivitäten zu.

Durch die Eingliederung der JN Berlin und die Aufnahme von ehemaligen Mitgliedern des NW Berlin (Nationaler Widerstand Berlin) verfügt die Partei über das Wissen langwieriger AktivistInnen, die bereits seit über 20 Jahren aktiv sind und bis hinein in rechtsterroristische Kreise wirken. Damit stellt die Partei und ihre Jugendorganisation ein massives Risiko dar. Insbesondere ihre ideologische Ausrichtung zum Nationalsozialismus verbunden mit einem klaren Körperkult, ihrer Hinwendung und aktiven Einübung von Gewalt werden für die Berliner Zivilgesellschaft in den nächsten Jahren eine immense Herausforderung darstellen.

Anschlagsserien wie in Neukölln aber auch zuvor in den Ostberliner Randbezirken, sowie die gewalttätige Bekämpfung von Andersdenkenden und brutale Durchsetzung ihrer rassistischen Ideologie haben bereits begonnen und werden vermutlich in den nächsten Jahren weiter zunehmen.

Wie schon in den letzten Jahren ist ein konsequentes Vorgehen gegen die Raumnahme durch Neonazis wichtig. Wo Aufkleber und Graffitis lange sichtbar bleiben, fühlen sie sich wohl. Dabei ist es sehr wichtig, dass die Zivilgesellschaft auf ihre eigene Sicherheit achtet. Die AktivistInnen des III. Weg und der NRJ sind gewalttätig und darin geübt. Da es möglich ist, dass auch diese Neonazis weiterhin sogenannte Feindeslisten erstellen, sollten alle aktiven Menschen auch auf ihren Heimwegen achtsam sein.

Und ganz wichtig: meldet Vorfälle an die Berliner Register! Anhand der Chroniken können die Aktivitäten der extremen Rechten analysiert und weitere Menschen sensibilisiert werden.

Handlungsempfehlungen der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus:

  • Wachsam sein: Auf die eigene Sicherheit und die Sicherheit potenziell bedrohter Personen wie zum Beispiel Menschen mit Migrationshintergrund achten.
  • Kontakt vermeiden: Nicht das Gespräch oder die Begegnung suchen. Mitglieder des „III. Wegs“ sind meistens geschulte Aktivist_innen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild.
  • Das Geschehen dokumentieren: Dabei sollte unbedingt zuerst auf die eigene Sicherheit geachtet werden.
  • Hilfe suchen: Gegebenenfalls anwesendes Personal von S-Bahn oder BVG informieren.
  • Vorfall melden: Die Aktion an die jeweilige bezirkliche Registerstelle zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle weitergeben.
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